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Probleme durch die ESF Elbe Stahlwerke Feralpi
kurze Zusammenfassung hier:
Beitrag im SonntagsWochenBlatt 2014-08-17
Ziele und Motivation unserer ehrenamtlichen Arbeit
Es ist uns insbesondere wichtig, dass es uns nicht darum geht, das Werk zu schließen. Unser Ziel ist es, die Lebens-, Wohn- und Arbeitsbedingungen in Riesa zu verbessern. Wir kämpfen nicht allein für uns und unsere Familien, sondern wir haben das Ziel, die Lebensbedingungen für alle Bürgerinnen und Bürger und insbesondere für unsere Kinder in dieser Stadt zu verbessern. Nur ein sauberes, giftfreies RIESA hat eine Zukunft!
In diesem Sinne begleiten wir seit langem die Entwicklung und die Arbeitsweise des Stahlwerks ESF kritisch. Auch die aktuellen Erweiterungspläne wollen wir konstruktiv begleiten. Wir sind jedoch auch der Ansicht, dass sich eine Menge ungeklärter Fragen und auch Widersprüche angesammelt haben, die wir als mündige, engagierte Bürger zur Sprache bringen – ein gesellschaftliches Ziel übrigens. Wir können nicht schweigen, wenn die Umweltver-schmutzung in Riesa nachweislich zunimmt, wenn falsche Zahlen veröffentlicht werden oder wenn immer mehr Kinder in Riesa statistisch nachweisbar an Krebs erkranken.
Wir fragen deshalb nach, wie es zu erklären ist, dass beispielsweise im Jahr 2011 in den sächsischen Krankenhäusern 16 Kinder unter 15 Jahren mit dem Wohnort Riesa, Stadt nach der amtlichen Statistik des Statistischen Landesamtes Kamenz des Freistaats Sachsen wegen bösartiger Neubildungen des lymphatischen und blutbildenden Gewebes behandelt wurden, während in den Vorjahren keine Behandlungen stattfanden?
Angesicht solcher Fragen wäre es in unseren Augen unabdingbar, offen und transparent mit der Bevölkerung, die sich zu Recht Sorgen um Ihre Umwelt und Gesundheit macht, zusammenzuarbeiten – sowohl seitens des Unternehmens als auch seitens der Genehmigungsbehörde. Letztere sollte als staatliche Stelle in ganz besonderem Maße ihre Verantwortung wahrnehmen, die Bevölkerung zu schützen. Leider haben wir aufgrund zahlreicher Erfahrungen in der Vergangenheit den Eindruck gewinnen müssen, dass Unternehmen und Verwaltung jedoch nicht auf Seiten der belasteten Bürger stehen. Leider entsteht vielmehr der Eindruck, dass durch Intransparenz, gezielte Verschleierung und unvollständigen bzw. unrichtigen Angaben etwas verborgen werden soll. Wie ist sonst zu erklären, dass die ständige Überschreitung der Werte für Dioxin einfach hingenommen wird, ohne dass die zuständige Behörde einschreitet? Wie ist zu erklären, dass Umweltdaten und Messungen nachweislich manipuliert wurden?
Dies macht uns insbesondere vor dem Hintergrund der geplanten Erweiterung Sorgen. Wie soll die Stadt ständig weiter steigende Belastungen verkraften? Wie soll die Stadt mit der enormen Zunahme an Lkw-Verkehr, der durch die stark ansteigende Schrottanlieferung entstehen wird, umgehen? Wie kann dem zunehmenden Lärm, der durch die Erweiterung noch größer werden wird, begegnet werden? Mehr Dreck, mehr Staub, mehr Dioxin und Schwermetalle. Die Summe macht das GIFT!
Die Belastung mit giftigen, gesundheitsschädlichen Stoffen steigt nachweislich weiter an. Dies liegt nach unserer Erkenntnis, die wir durch einen unabhängigen Gutachter überprüft haben, vor allem an den so genannten diffusen Emissionen, die ungereinigt vor allem über die Öffnungen des Dachs der Produktionshalle ins Freie entweichen. Gegen diese diffusen Emissionen hat ESF bislang kaum was unternommen – und noch schlimmer: Wir haben den Eindruck, dass hier bewusst Informationen zurückgehalten und falsche Daten veröffentlicht werden.
Warum gibt ESF beispielsweise in der Emissionserklärung 2008 an, dass die offenstehenden Dachluken nur eine Fläche von 232 m² haben, während im neuen Genehmigungsantrag für das gleiche Jahr 836 m² angegeben werden?
Es ist nicht verwunderlich, dass durch fast vier Mal größere Dachluken auch sehr viel mehr ungefilterter giftiger Staub aus dem Werk entweichen kann. Dazu passt auch das Eingeständnis, das Feralpi im aktuellen Genehmigungsantrag machen muss: Bei Messung der Dioxin-Belastung in Riesa wurde der anerkannte Wert sowohl in der Messperiode 2008/2009 als auch 2011/2012 deutlich überschritten. Dioxine sind giftige chemische Verbindungen, die Krebs auslösen können. Sie entstehen bei der Verarbeitung von Schrott und hier vor allem bei der Zerkleinerung des angelieferten, verunreinigten Metallschrotts. Feralpi selbst räumt ein, dass der erhöhte Wert durch den höheren Durchsatz des Schrottschredders verursacht wurde. Warum behauptet das sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie aber, dass eben diese Werte u. a. auf Heizungen und Silversterfeuerwerk zurückzuführen seien? In der Nachträglichen Anordnung vom 13.12.2012 kommt die Landesdirektion Sachsen zu einen anderen Ergebnis, siehe hier
Vor diesem Hintergrund dürfte es verständlich sein, dass uns die geplante Vergrößerung der Dachluken in der neuen Genehmigung und die mit der Kapazitätserweiterung einhergehende Erhöhung des Durchsatzes des Schredders mit großer Sorge und auch Unverständnis erfüllt.
Die ermittelten Werte der Schadstoffbelastung sind in unseren Augen häufig nur wenig aussagekräftig. Warum werden Emissionswerte häufig nur über sehr kurze Zeitspannen ermittelt, in denen beispielsweise die Leistung des Werks und damit auch der Ausstoß an Schadstoffen heruntergefahren werden kann? Warum wurden bislang immer noch keine kontinuierlichen Immissionsmessungen in Riesa an dem Ort der höchsten Belastung durchgeführt, um die Bevölkerung über die wahren Schadstoffmengen zu unterrichten? Warum wurde die Lage der Messorte nicht korrigiert, obwohl ein unabhängiger Sachverständiger sie als fehlerhaft bewertet hat? Warum werden die Messergebnisse nicht veröffentlicht?
Wir wollten deshalb als Kläger in der Mediation vor dem Oberverwaltungsgericht u. a. eine dauerhafte, transparente Kontrolle der Staubbelastung und eine ebensolche Lärmkontrolle. Die Mediation ist aber nicht aus „unerfindlichen Gründen“ gescheitert, sondern weil ESF im letzten Termin zusätzliche, unannehmbare und sachfremde Forderungen vorgebracht hat, die bislang nie Gegenstand des Verfahrens gewesen waren. Damit war dem gesamten Mediationsverfahren die Grundlage entzogen.
Es trifft auch nicht zu, dass ESF den Klägern die Genehmigungs-unterlagen noch vor der Behörde übergeben wollte. Die Unterlagen sollten vielmehr – voraussichtlich im August 2012 – zur Verfügung gestellt werden. Dies ist aber nie geschehen. Wir mussten also davon ausgehen, dass auch andere Zusagen nicht eingehalten werden.
Auch können wir leider die behauptete Transparenz bislang nicht bestätigen. Warum verzögerte die Genehmigungsbehörde über ein halbes Jahr eine Akteneinsicht in die Unterlagen, die jedem Bürger nach dem Umweltinformationsgesetz zusteht und die gerade das Ziel hat, zu mehr Transparenz im Umweltbereich beizutragen? Warum stellt die Behörde die Unterlagen nicht ins Internet, obwohl sie dazu gesetzlich angehalten ist? Warum übersendet ESF die Genehmigungsunterlagen, die öffentlich ausliegen, trotz zweimaliger, schriftlicher Bitten in den letzten Wochen nicht an uns?
Wir glauben nicht, dass durch eine erneute Kapazitätserweiterung, ohne dass die Genehmigung 2006 rechtskräftig geworden ist und die dort gemachten Zusagen erfüllt wurden, diese Probleme durch eine weitere Kapazitätserhöhung beseitigt werden können. Dazu sind in unseren Augen noch zu viele Fragen offen und zu viele Widersprüche bestehen fort. Diese müssen im Interesse der Stadt und der dort lebenden Bürger erst noch geklärt werden. Erst müssen die schon 2006 bestehenden Probleme gelöst werden, bevor erneut die Kapazität des Werkes erhöht werden kann!
Bitte nicht vergessen, das ESF Elbe-Stahlwerk Feralpi liegt mitten in der Stadt neben Gärten, Schulen, Kindereinrichtungen.
Jan Niederleig
Sprecher der BI
1.10.2013
Informationen 2008
Einladung
als pdf
Antrag
der Grünen Landtagsfraktion als
pdf
BUND
Zeitschrift Mai 2008
Rundbrief
Sachsen - Dioxin- und Dreckschleuder
Stahlwerk Riesa
Aktuelle Veranstaltung in Riesa am
Sonntag, den 25.05.2008 gegen 18.30
Uhr im Riesenhügel - Bahnhofstr.
Informationen
zur Veranstaltung:
www.johannes-Lichdi.de/dioxin.html
P R E S S E E R K L Ä R U N G
Gesundheitsgefährdender Dioxinausstoß
durch Stahlwerk in Riesa
Im derzeit
von uns für zahlreiche Anwohner
durchgeführten Klageverfahren
konnte nach kurzer Analyse der beim
Regierungspräsidium Dresden vorhandenen
Unterlagen festgestellt
werden, dass entgegen den offiziellen
behördlichen Aussagen in der
Vergangenheit sehrwohl gesundheitsgefährdende
Konzentrationen an Dioxinen durch
das Stahlwerk emittiert wurden. So
finden sich in den Unterlagen Hinweise,
dass beim Stahlwerksbetrieb ohne Quenche
bis März 1999 Massenkonzentrationen
an Dioxinen von maximal 34,3 ng/m³
gemessen wurden. Das ist ein extrem
hoher Wert, der dem 343fachen des
zulässigen Grenzwertes für
eine heutige, moderne Müllverbrennungsanlage
entspricht. Anders ausgedrückt,
wurde das Stahlwerk in Riesa bis zum
Jahre 1999 offensichtlich auf dem
Niveau einer industrieller Sondermüllverbrennungsanlage
der 60er bis 70er Jahre in der BRD
betrieben. Doch auch der noch im Jahre
2006 beim Betrieb mit Quenche, also
einem System zur Abgaskühlung
gemessene Wert von 0,210 ng/m³
liegt immer noch doppelt so hoch wie
bei einer heute zulässigen, modernen
Müllverbrennungsanlage. Hierbei
muss aber berücksichtigt werden,
dass die Messungen nur die gefassten
und damit die kontrolliert abgegebenen
Emissionen wiedergeben. Hinzugerechnet
werden müssen aber noch die vielen
sogenannte
diffusen Emissionsquellen des Stahlwerks,
wie beispielsweise Dachluken oder
sonstige Gebäudeöffnungen,
die beim Riesaer Stahlwerk eines der
Hauptprobleme darstellen. Insgesamt
muss mit einer Dioxinbelastung gerechnet
werden, die beim 10 bis 50fachen einer
Müllverbrennungsanlage liegt.
Die Behauptung, es habe nie eine Gefahr
für die Gesundheit der Anwohner
bestanden, ist aus hiesiger Sicht
schlicht unzutreffend. Vielmehr besteht
die dringende Besorgnis, dass gerade
aufgrund der extrem hohen Werte in
den letzten 13 Jahren in der gesamten
Region Bodenbelastungen vorliegen,
die so hoch sind, dass seitens der
zuständigen Behörden über
die Anordnung von Anbauverboten nachzudenken
wäre. Zumindest muss es sehr
verwundern,
dass entsprechende Ermittlungen insoweit
offenbar noch nicht stattgefunden
haben. Hierdurch kann sich möglicherweise
eine Haftung der zuständigen
Behörden unter dem Gesichtspunkt
des Umweltschadensrechts ergeben.
Auch liegen uns Statistiken über
Krebserkrankungsraten vor, die signifikante
Häufungen bestimmter Krebsarten
in Riesa dokumentieren.
Hierbei ist die Tendenz seit den 90er
Jahren steigend.
Würzburg, den 26. Februar 2008
gez. RA W. Baumann/Fachanwalt f. Verwaltungsrecht
Bei Rückfragen:
Yvonne Leffler
Tel. (09 31) 4 60 46 -48
Fax (09 31) 4 60 46 –70
info@baumann-rechtsanwaelte.de
BAUMANN RECHTSANWÄLTE
Annastraße 28 • 97072
Würzburg
Telefon 0931-46046–0
Telefax 0931-46046–70
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www.baumann-rechtsanwaelte.de
Riesa wird immer lebenswerter(?) –
aber Gröba soll sterben…
Jetzt
wissen wir endlich, was Demokratie
ist: Wenn die Bürger von ihren
gewählten Volksvertretern vor
vollendete Tatsachen gestellt werden!
Was war im Vorfeld der von „Feralpi“
geplanten Erweiterungsmaßnahmen
nicht alles erzählt worden von
Entscheidungsfindungen unter Mitarbeit
der betroffenen Bürger, von Stadtteilversammlungen
mit den Gröbaer Bürgern
– und jetzt?
Ein Konzern äußert ein
paar vage Pläne und schon beschließen
die von uns selbst gewählten
Stadtverordneten, zu Gunsten des Konzerns
für unser aller Steuergelder
Mitbürger notfalls zu enteignen,
wenn sie nicht freiwillig ihren Besitz
und als Geschäftsleute auch ihre
Existenz aufgeben. Für den Rest
Gröbas – zwischen Uttmann-, West-
und Lauchhammerstraße –entsteht
dann eine Art Ghetto hinter einer
geplanten Lärmschutzwand! Hier
können wir dann zitternd warten,
bis der Feralpi-Konzern auch für
den Rest dieses Stadtteiles Begehrlichkeiten
zeigt.
Gröba lebenswert?
Seit Feralpi kaum noch, seit dem Stadtratsbeschluss
gar nicht mehr!
Deutschland ist laut Grundgesetz ein
Rechtsstaat und garantiert auch die
Unantastbarkeit des persönlichen
Besitztums. Wird das in Riesa außer
Kraft gesetzt?
Dr. Dieter Kinder, Anwohner des Stadtteils
Gröba
16.12.2007
Brief an die Oberbürgermeisterin
Gerti Töpfer und an alle Stadträte
Feralpi und seine
Nachbarn
Inwieweit
die Erweiterungswünsche des italienischen
Stahlkonzerns Feralpi mit den Rechtsbegriffen
des Baugesetzbuches wie „Öffentliches
Interesse“ und „Wohl der
Allgemeinheit“ gleichzusetzen
sind, ist schon vom Grundsatz her fragwürdig.
Ebenso ist zu hinterfragen, ob die geplante
Erweiterung von Feralpi für die
Entwicklung weiterer 16 Unternehmen
wirklich zwingend notwendig ist. Somit
ist die Anwendung von städtebaulichen
Entwicklungsmaßnahmen bis hin
zur Enteignung nach dem Baugesetzbuch
rechtlich zumindestens als problematisch
anzusehen. Letztendlich könnte
dann ja wohl jedes (größere)
mittelständische Unternehmen, wenn
es Erweiterungswünsche äußert,
ggf. weitere Unternehmen mit „ins
Boot holt“ sowie Arbeitsplätze
und höhere Gewerbesteuern verspricht,
Ansprüche auf seine Nachbargrundstücke
geltend machen; falls diese „Privilegierung“
nicht nur für Feralpi gilt. Das
dürfte mit der hochrangigen Rechtsposition
des Eigentums nach Artikel 14 des Grundgesetzes
und den öffentlich-rechtlichen
Vorschriften des Baugesetzbuches schwerlich
vereinbar sein.
Es ist ja schon als positiv anzusehen,
dass in der Stadtratssitzung am 14.11.2007
wenigstens Herr Fröhlich (Die Linke)
den Antrag stellte, dass weitere Straßenzüge
in Gröba mit Wohnbebauung in die
Machbarkeitsstudie mit aufgenommen werden
sollten. Ansonsten scheint es unsere
Stadträte relativ wenig zu interessieren,
dass durch die Erweiterungsvorstellungen
des Feralpi-Stahlwerkes nicht nur die
öffentlich-rechtlich geschützten
Belange der unmittelbaren Nachbarn,
sondern auch die der nicht unmittelbar
angrenzenden Wohnbebauungen, wie z.
B. das Wohngebiet „Am Gucklitz“,
berührt werden.
Seit Bestehen
des Feralpi-Stahlwerkes wird das Wohngebiet
„Am Gucklitz“ in mehr oder
weniger größeren Zeitabständen
durch erhebliche Lärmbelästigungen
wesentlich beeinträchtigt. In den
letzten Jahren gab es hierzu eine Vielzahl
von Beschwerden, die leider nur teilweise
Erfolg hatten.
Das Regierungspräsidium Dresden
als Genehmigungsbehörde für
Feralpi hat das Wohngebiet „Am
Gucklitz“ nach der Technischen
Anleitung zum Schutz gegen Lärm
(TA Lärm, Verwaltungsvorschrift
zum Bundes-Immissionsschutzgesetz) als
Gemengelage eingestuft. Somit stehen
diesem Wohngebiet die Lärmschutzwerte
aufgrund seiner tatsächlichen Bebauung
als reines Wohngebiet und selbst bei
Unterstellung einer so genannten Vorbelastung
als allgemeines Wohngebiet nicht mehr
zu. In der immissionsschutzrechtlichen
Genehmigung von 1994 wurde z. B. ein
Lärmschutzwert (Immissionsrichtwert)
von 43 dB(A) nachts festgesetzt und
in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung
von 2006 liegt der Wert bereits bei
46 dB(A) nachts. Das Wohngebiet „Am
Gucklitz“ kann nur noch einen
Lärmschutzwert eines (schlecht
eingestuften) Mischgebietes für
sich in Anspruch nehmen. Das hat selbstverständlich
zur Folge, dass die Wohnqualität
und damit auch die Grundstückswerte
schon von offizieller Seite her abgewertet
worden sind. Das Regierungspräsidium
geht (wahrscheinlich) davon aus, dass
aufgrund der historischen Situation
eine höhere Akzeptanz von Stahlwerkslärm
und damit eine verringerte Störschwelle
den Anwohnern zuzumuten bzw. von diesen
zu erwarten ist. Die Einstufung des
Wohngebietes „Am Gucklitz“
als Gemengelage nach der TA Lärm
ist rechtlich zulässig. Jedoch
muss dem Regierungspräsidium Dresden
vorgeworfen werden, dass es die wesentlichen
Kriterien, die bei der Festlegung eines
so genannten „geeigneten Zwischenwertes“
Beachtung finden müssen, mit dem
Immissionswert von 46 dB(A) nachts zu
Gunsten von Feralpi eklatant fehlgewichtet
hat. Wesentliche Kriterien, wie z. B.
die Prägung des Wohngebietes „Am
Gucklitz“ fast ausschließlich
durch ca. 180 Eigenheimgrundstücke
vor allem in Form von Einzelhäusern
und Doppelhaushälften, wurden
nicht ausreichend
berücksichtigt. Ebenso ist wahrscheinlich
nicht beachtet worden, dass ein
gewichtiger Teil des Wohngebietes ca.
1935 errichtet wurde, also „zuerst
verwirklicht“ wurde und der Stahlwerksbereich
um das Martinwerk II (jetzt Feralpi)
„sehenden Auges“ an das
Wohngebiet herangerückt ist und
nicht umgekehrt. Unabhängig davon
haben die zeitliche Priorität und
der historische Ablauf der Bebauung
der benachbarten unterschiedlichen Baugebiete
keine rechtserhebliche Bedeutung mehr,
da die bauliche Entwicklung des Wohngebietes
„Am Gucklitz“ als weitestgehend
abgeschlossen angesehen werden kann
und dies als „Wertungspunkt“
für das Wohngebiet und nicht für
Feralpi ausgelegt werden muss. Beachtung
hätte auch finden müssen,
dass der verwaltungsrechtliche Bestandsschutz
des ehemaligen Stahl- und Walzwerkes
Riesa erloschen war; nie aber der Bestandsschutz
des Wohngebietes „Am Gucklitz“.
Die ständige Rechtsprechung geht
davon aus, dass der Bestandsschutz schon
dann nicht mehr gegeben ist, wenn wesentliche
und gewichtige Produktions- und Betriebsteile
neu aufgebaut werden. All diese Kriterien
hätten zu Gunsten des Wohngebietes
„Am Gucklitz“ in die Abwägung
einfließen müssen und die
volle Ausschöpfung der Lärm-Immissionsrichtwerte
nach der TA Lärm - zu Gunsten Feralpi
- nicht zulassen dürfen. Der Wert
von 46 dB(A) nachts stellt keinen „geeigneten
Zwischenwert“ dar und verfehlt
somit die „konkrete Schutzwürdigkeit“
des Wohngebietes „Am Gucklitz“.
Die Befürchtung,
dass die Erweiterungswünsche von
Feralpi in Zusammenhang mit Produktionssteigerungen
mit noch mehr wesentlichen Beeinträchtigungen
für die benachbarten Wohngebiete
verbunden sein werden und sich damit
die bodenrechtlichen Spannungen erhöhen,
ist nahe liegend. Hier tragen solche
einseitigen Äußerungen, wie
die des ehemaligen Oberbürgermeisters
Barth in der SZ vom 23.11.2007 „Wer
will Arbeitsplätze verhindern?“,
wohl kaum zu einer sachlichen und rechtmäßigen
Lösung der Probleme bei.
Man kann
nur hoffen, dass die Machbarkeitsstudie
unparteiisch - und nicht von Feralpi
in irgendeiner Art und Weise finanziert
- sowie unter Beachtung aller durch
das emissionsträchtige Feralpi-Stahlwerk
geprägten Wohngebiete erarbeitet
wird. Ansonsten wird von vornherein
gegen die aus dem Grundsatz von Treu
und Glauben nach § 242 des Bürgerlichen
Gesetzbuches abgeleiteten Rechtsgrundsätze
des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses
und der gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme
verstoßen.
Die Stadtverwaltung
Riesa sollte bei den weiteren Planungsverfahren
auch daran denken, dass ihre Äußerungen
in den 90er Jahren von einem modernen
„Ministahlwerk“, umweltgerechten
und sauberen Betrieben, attraktiven
Wohnverhältnissen u. Ä. nicht
zuletzt auch viele Bürger dazu
bewogen haben, ihr Vermögen, hohe
Kredite und teilweise kaum zu ersetzende
Eigenleistungen in ihre Grundstücke
zu investieren. Wenn sich die Wohnverhältnisse
durch eine Erweiterung des Feralpi-Stahlwerkes
weiter verschlechtern, sollte zumindestens
rechtlich geprüft werden, ob wegen
des Verstoßes gegen den Grundsatz
des „Verbotes eigenen widersprüchlichen
Verhaltens“ gegenüber der
Stadtverwaltung Riesa Schadenersatzansprüche
entstehen.
Dieses
Schreiben richtet sich in keinster Weise
gegen die Schaffung von Arbeitsplätzen;die
grundlegenden Rechte der Nachbarn sind
dabei immer zu berücksichtigen
. Es richtet sich aber gegen die rechtlich
unhaltbaren und anmaßenden Vorstellungen,
dass alles, was Feralpi praktiziert
und beabsichtigt, schützenswertes
öffentliches Interesse ist, wogegen
alle anderen Meinungen private Interessen
einzelner Anwohner sind, die gefälligst
zurückstehen müssen.
Frank Felgner,
Anwohner des Stadtteils Riesa Weida
(Wohnsiedlung am Gucklitz)
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